Donnerstag, 21. Januar 2021
Tagebuchbloggen 21.01.2021
Ein Home-Office-Tag, der Laptop stand gestern bereit. Ausschlafen bis halb acht, die Fahrt ins Büro entfällt, das Zurechtmachen ebenso.

Um mich herum ist es still. Der Mann arbeitet oben mit geschlossener Türe. Der Kleine ist in der Kita. Ich unterdrücke das schlechte Gewissen, das ich deswegen habe. Sie ist ungewohnt, diese Stille. Ganz alleine in einem Zimmer über mehrere Stunden. Raum um mich herum. Ruhig und konzentriert kann ich meine Arbeit erledigen. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich zuletzt so lange alleine so viel Stille und Raum um mich herum hatte. Es ist unglaublich wohltuend.

In der Mittagspause gehe ich laufen. Der Sturm hat sich gelegt, es ist nur noch windig. Der Himmel ist blau, Sonne spiegelt sich auf den schmelzenden Eisschollen. Es liegt ein Hauch von Frühlingsvorbote in der Luft. Ich merke, wie die Anspannung der letzten Monate, nein, der letzten Jahre von mir abfällt. Für einen kurzen Moment fühle ich wieder eine Perspektive, eine Hoffnung, das alles wieder gut sein wird.

Zu Hause angekommen ist es immer noch still, mein Mann macht Mittagsschlaf. Im Flur stutze ich kurz, als ich am Spiegel vorbeigehe. Ganz bewusst sehe ich hinein.

In den letzten Monaten habe ich es vermieden, mich anzuschauen. Zu oft konnte ich mich im Spiegel nicht mehr wiederfinden, wollte nicht in dieses müde, abgezehrte, bleiche Gesicht sehen.

Heute ist das anders. Zerzaust, mit roten Wangen und der neuen Brille (wahrscheinlich das für mein Gesicht beste Gestell, das ich in den letzten 15 Jahren hatte) staune ich. Ja, das bin wieder ich. So gefalle ich mir wieder. So kann ich hoffentlich wieder zu mir selbst zurück finden.

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