Mittwoch, 1. Januar 2020
2019 als Fragebogen
Ich mach mal mit beim Jahresrückblick:


1.Zugenommen oder abgenommen?
Abgenommen. Über das Jahr verteilt habe ich ganz gemächlich die zwei, drei letzten Babykilos abgenommen und bin jetzt wieder auf dem Gewicht, was ich vor der Schwangerschaft hatte. Dass der Prozess seit der Geburt des Kindes zwei Jahre gedauert hat, hat mich nicht im geringsten gestört.

2.Haare länger oder kürzer?
Gleich, ich schaffe es einmal im Jahr zum Friseur, zwischendurch lasse ich den Mann die Spitzen schneiden wenn es zu fisselig wird. Da meine Haare halt "lang" sind, fällt ein Schwanken im Bereich von plus minus 10 cm eh keinem auf.

3.Kurzsichtiger oder weitsichtiger?
Gleich kurzsichtig. Meine Sehschärfe ist netterweise seit mittlerweile 7 Jahren stabil (vorher wurde es beständig schlechter), was mich doch darüber nachdenken lässt, ob lasern nicht eine feine Sache wäre.

4.Mehr Kohle oder weniger?
Mehr. Zum einen weil jetzt wieder normaler Verdienst und kein Eltergeld wie bei den ersten 8 Monaten des Jahres 2018, zum anderen weil der Jobwechsel mit einer satten Gehaltserhöhung einhergegangen ist.

5.Mehr ausgegeben oder weniger?
Weniger, da 2018 neues Auto gekauft. Auch Kleidung war weniger, da ich wieder fast alles aus den Zeiten vor der Schwangerschaft anziehen kann und die komische Übergangsphase nun vorbei ist.

6.Mehr bewegt oder weniger?
Leider weniger. In der Elternzeit war ich fleißig was die Rückbildungsgymnastik und Yoga anging, dazu war ich täglich mit dem Kinderwagen draußen, oft sogar joggend. Der Jobwechsel, die vielen Krankheiten, die das Kind aus der Kita angeschleppt hat und der Stress führen leider dazu, dass ich viel zu viel Zeit sitzend verbringe. Es ist gegen Jahresende allerdings besser geworden, ich bin abends oft fit genug um noch eine Runde auf dem Crosstrainer oder ein Workout zu machen. Dazu bin ich seit neuestem stolzes Mitglied im dörflichen Turnverein und mache trainiere dort einmal die Woche. Früher hätte man das, was wir da machen Zirkeltraining genannt, jetzt ist es eben Crossfit (die leichte Version). Trotzdem hätte ich gerne wieder mehr Bewegung draußen an der frischen Luft.

7.Der hirnrissigste Plan?
Zu denken, ich wäre nach einer stressigen Arbeitswoche Freitag abends noch fit genug, um wöchentlich bis in die Nacht zur Bandprobe zu gehen. Insbesondere wenn einige Mitglieder das Proben nicht als Entspannung sehen, sondern perfektionistisch jeden Ton kritisieren, der vielleicht ein bisschen schief ist und nicht verstehen können, dass es wenn man ein Kleinkind zu Hause hat schwierig ist, jeden Tag zu üben. Ich habe die Konsequenz gezogen und die Band gegen den Turnverein eingetauscht, weil mir das aktuell insgesamt mehr bringt.

8.Die gefährlichste Unternehmung?
Ich kann mich ehrlich nicht an irgendwas erinnern, das auch nur ansatzweise gefährlich gewesen wäre.

9.Die teuerste Anschaffung?
Wenn ich Kleidung nicht als Anschaffung zähle, dann die Gewichtsdecke, die ich mir Ende November gekauft habe. Ich hatte das ganze Jahr über mit Schlafproblemen zu kämpfen, viel konnte ich mit Meditation und festem Rhythmus verbessern. Den letzten Schritt zu dem guten Schlaf, den ich von früher (also von vor der Schwangerschaft) gewohnt war, hat jedoch eindeutig die Gewichtsdecke gebracht.

10.Das leckerste Essen?
Crunchy roll Sushi im Yedo in Saarbrücken.

11.Das beeindruckendste Buch?
Unterleuten von Juli Zeh. Beruflich kenne ich die Dynamik, die bei kommunalen Projekten zu Tage tritt leider aus der Planerperspektive, und fand diese Sozialstudie wirklich gruselig realitätsnah.

12.Der ergreifendste Film?
Ich kann mich an keinen ergreifenden Film erinnen. Was mich gefesselt hat, war die erste Staffel Handmaid's Tale, die ich wie so ein Boomer auf Tele 5 geguckt habe (wir haben keinen Streaming Dienst abonniert, weil wir eh kaum was gucken)

13.Das beste Lied?
Laut Spotify ist mein Top Track des Jahres 2019 "Wieder ein Tag" von Element of Crime. Tatsächlich habe ich das sehr oft gehört, weil es das Lebensgefühl dieses Jahres gut eingefangen hat.

14.Das schönste Konzert?
Ich war auf keinem Konzert.

15.Die meiste Zeit verbracht mit…?
Arbeit.

16.Die schönste Zeit verbracht mit…?
Dem Mann und dem Kind im Skiurlaub im Januar.

17.Vorherrschendes Gefühl 2019?
Fuck, ist das anstrengend, fuck, ich bin schon wieder krank, fuck, das Kind ist schon wieder krank, fuck, schon wieder ein komplett neues Thema im Job, in das ich mich einarbeiten muss, fuck, fuck, ich will einfach mal meine verdammte Ruhe haben!!!

18.2019 zum ersten Mal getan?
Mit Kolleginnen ausgehen (das war sehr schön!), Mitglied in einem Turnverein werden, auf Silvester gepfiffen und um 22 Uhr schlafen gegangen.

19.2019 nach langer Zeit wieder getan?
Abends ausgehen, auch mal wieder alleine mit dem Mann. Geht jetzt immer wenn wir bei den Schwiegereltern sind oder diese uns besuchen, weil sie das Kind ins Bett bringen können. Wir sind aber dabei uns jetzt nach einem Babysitter umzusehen, mit 2 Jahren ist das Kind unserer Meinung nach alt genug dafür.

20.Drei Dinge, auf die ich gut hätte verzichten mögen?
- Krankheit (beim Kind und bei mir - nichts Dramatisches, die typischen gehäuften Infekte zu Beginn der Kitazeit, hat trotzdem geschlaucht)
- Schlafprobleme
- sehr viel beruflicher Stress weil neuer Job und schwieriges Projekt

21.Die wichtigste Sache, von der ich jemand überzeugen wollte?
Meine Schwiegermutter davon, dass wir als Eltern wissen was wir tun und sie unsere Anweisungen befolgen muss, wenn sie das Kind beaufsichtigt. War anstrengend, hat aber geklappt. Auch, weil der Mann da die Hauptarbeit geleistet hat.

22.Der schönste Satz, den jemand zu mir gesagt hat?
(abgesehen vom üblichen Schönen, was mein Mann und ich uns regelmäßig sagen):
"Ich vertraue Ihnen da blind". Hat mein Chefchef zu mir gesagt, das schwierige Projekt betreffend, nachdem ich drei Monate zuvor im Mitarbeitergespräch kein sehr gutes Feedback bekommen hatte. Chefchef ist auch sonst ein bisschen schwierig und wir geraten ab und zu mal aneinander, aber in den drei Monaten zwischen Mitarbeitgespräch und obigem Satz konnte ich mich positiv einbringen und auch mit ihm eine gute Arbeitsebene finden. Diese beinhaltet zwar nach wie vor hitzige Diskussionen, aber er scheint genau wie ich der Typ zu sein, dem offen und hitzig und ehrlich lieber ist als vordergründig harmonisch und dafür hinterfotzig, von daher passt das schon.

23.Der schönste Satz, den ich zu jemandem gesagt habe?
Da fällt mir jetzt nur das übliche Schöne ein, was mein Mann und ich uns regelmäßig zueinander sagen.

24: 2019 war mit einem Wort…?
Herausfordernd.

... link (0 Kommentare)   ... comment


Samstag, 30. November 2019
Über die Coolness von Häuslichkeit
Neulich las ich in einem Wartezimmer in einem dort ausliegenden Print-Erzeugnis einen Artikel, der mich erst verwundert und dann wütend zurück gelassen hat. Eine berufstätige Mutter schrieb, dass sie für ihre Familie kocht, dies gerne tut und dabei entspannen kann.

Soweit, so gut.

Sie führte dann aus, dass sie das ungern erzählt, weil das so ein "Heimchen-am-Herd" Image hat, zumal sie eher klassische Dinge kocht und (sinngemäß) Frikadellen rollt, Apfelkuchen backt und Risotto rührt und diese Hausfrauenküche so uncool und überhaupt nicht instagrammable sei. Es klang in der ganzen Ausführung eine gehörige Portion Scham mit, ich glaube es fiel sogar der Satz dass sie sich als Verräterin am Feminismus fühle oder sogar auch schon so genannt wurde.

Puh, da musste ich erstmal durchatmen. Abgesehen davon, dass ich bei dieser Frau gerne sonntags mitessen würde, weil es für mich so klingt dass sie echt lecker kocht - irgendwie stieß mir das, auch wenn es so halb lustig geschrieben war sauer auf. Warum?

Hausmannskost kochen hat tatsächlich kein cooles Image. Weil es hauptsächlich Frauen machen. Dabei ist es wenn man mal drüber nachdenkt eine komplexe, oft über Jahre erworbene Fähigkeit. Ich bin bei uns zu Hause auch diejenige, die fürs Kochen zuständig ist. Das bedeutet, ich erstelle Essenspläne, Einkaufspläne, ich koche 3-4 mal die Woche Gerichte aus frischen Zutaten, die mir und meiner Familie gut schmecken und unsere Körper mit den Nährstoffen versorgen, die wir brauchen. Dazu habe ich manche Rezepte über Jahre hinweg optimiert. Regelmäßig probiere ich Neues aus.

Ich kann innerhalb kürzester Zeit ein selbst gekochtes Essen auf den Tisch stellen und parallel dazu die Küche schon aufräumen. Ich kann 10 Leute nach einem Tag skifahren innerhalb einer halben Stunde satt machen und ein 3-Gänge-Menü servieren. Ich plane die Zutaten im Voraus, so dass ich so gut wie nie etwas wegwerfen muss. Für Notfälle habe ich immer etwas im Tiefkühlfach.

Und ja, wenn ich den ganzen Tag in Meetings und am Schreibtisch zugebracht habe finde ich es auch entspannend, etwas Praktisches mit den Händen zu mache, eine Lasagne zuzubereiten und dabei meine Lieblingsmusik zu hören. Im Gegensatz zu meiner bezahlten Arbeit kommt nämlich dabei tatsächlich immer ein verwertbares Ergebnis zustande.

Ich weigere mich mittlerweile, das uncool oder unfeministisch zu finden. Umso mehr, weil Kochen, wenn es von Männern praktiziert wird auf einmal viel cooler dargestellt wird. Da stehen dann z.B. Typis in individuell bedruckten Grillschürzen mit ihrem Craft Beer vor einem 400€ Grill mit drei Tonnen Equipment und langweilen Dich mit ihren Ausführungen über die Auswahl der perfekten Kohle, der bis aufs Milligramm abgewogenen Marinade und brauchen ne halbe Stunde, um 1 Kotelett zu servieren. Ok, ich mach in der Zwischenzeit schonmal 3 Salate und den Nachtisch fertig...

Echt, ich habe so satt, dass mir Dudes, die jetzt das Kochen für sich entdeckt haben und Hobbychefkoch ins ihre Bios schreiben mansplainen, auf was da so unglaublich unbedingt zu achten sei. Ich habe es satt, dass eine über Jahre erworbene und nützliche Fähigkeit etwas ist, wofür Menschen sich schämen, weil das nur dann durch Coolness geadelt wird, wenn die ausführende Person einen Penis besitzt.

Seien wir ehrlich, der tiefere Grund dahinter ist, Überraschung, nichts anderes als Misogynie. Und wir Frauen sollten dieses Spiel nicht mehr mitspielen, unsere häuslichen Fähigkeiten nicht mehr schamvoll verstecken, sondern stolz darauf sein können. Es kann nicht sein, dass es einerseits als weibliche Pflicht gilt, die quasi selbstverständlich von uns erwartet wird (was schon falsch und schlimm genug ist!) und es auf der anderen Seite dann aber abgewertet wird.

... link (1 Kommentar)   ... comment


Mittwoch, 4. September 2019
Vom Rechtfertigungszwang
Neulich wurde ein Artikel aus der Zeit Online in meiner Filterbubble diskutiert. Es ging um eine Mutter, die einen Eingewöhnungsversuch bei ihrem 1-jährigen Kind in der Kita abgebrochen hat, ihr Kind dann mit 3 vormittags in den Kindergarten gab und dafür Kritik zu hören bekam. In ihrem Artikel stellt sie die Sinnhaftigkeit von frühkindlicher Betreuung an sich in Frage. Das wurde dann wiederum in meiner Filterbubble - teils auch zu Recht - ziemlich hart auseinander genommen.

Erst wollte ich den Artikel gar nicht lesen, da ich diese Diskussionen müde bin und mich damit nicht auseinander setzen wollte. Warum habe ich meine Meinung dazu geändert? Nun, es gab auch Reaktionen auf den Artikel nach dem Motto "es ist nicht ok, wenn Steuerzahler dafür aufkommen müssen, dass Mütter weniger/gar nicht arbeiten gehen, weil sie ihr Kind nicht betreuen lassen wollen und z.B. deswegen aufstocken müssten oder später zu wenig Rente bekämen". Da kam ich dann ein wenig ins Grübeln. Denn es wird Eltern, vor allem Müttern, die ihre Kinder wiederum früh in die Betreuung geben ja auch oft vorgeworfen, sie würden nur egoistisch handeln, dem Kind Schaden zufügen und damit später der Gesellschaft Kosten verursachen etc. Mehr oder weniger direkt durfte ich mir solche Sprüche ja auch schon anhören.

Eins vorweg: Wenn die Eingewöhnung bei unserem Sohn auch so wie in dem Artikel beschrieben ausgesehen hätte, dass ein Trennungsversuch bereits am zweiten Tag (!) erfolgen sollte, hätten mein Mann und ich uns auch dagegen entschieden. Dann hätten er oder ich die Elternzeit weiter verlängert. Hätten wir wie die Autorin weiterhin viele Geschichten von Kitas mit Personalmangel gehört, wo schreiende Babies alleine gelassen werden, würden wir das Konzept Kita sehr wahrscheinlich ebenso kritisch betrachten wie die Autorin.

Dann dachte ich mir: Würde die Autorin des Artikel so eine starke grundsätzliche Haltung gegen Kita in frühem Alter einnehmen, wenn sie in ihrer Entscheidung so viel Gegenwind erhalten hätte? Wahrscheinlich nicht.

Meiner Meinung nach liegt da der Kern des Problems. Mütter gehören zu einer marginalisierten Gruppe in unserer Gesellschaft. Es ist komplett egal, wie sie sich entscheiden - es wird kritisiert. Bleibt man lange mit dem Kind zu Hause, ist man eine tumbe Hausfrau, die ihre Altersvorsorge gefährdet. Geht man mit einem unter 3-jährigen wieder Vollzeit arbeiten, ist man eine karrieregeile Rabenmutter, die ihrem Kind Schaden zufügt.

Es ist eine klassische gesellschaftliche Dynamik, dass Untergruppen von marginalisierten Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Funktioniert offenbar total gut: Anstatt dass sich Mütter zusammen tun und gemeinsam für mehr Gleichberechtigung kämpfen, werden die Hausfrauen und die arbeitenden Mütter gegeneinander ausgespielt.

Die tatsächlichen individuellen Umstände finden dabei keinerlei Berücksichtigung. Jede/r sieht sich genötigt, den eigenen Entwurf gegen die immerwährende Kritik zu verteidigen. Dabei wird eine klare Wertung vorgenommen, denn sonst könnte man die Überlegenheit der eigenen Entscheidung ja nicht untermauern.

Würde man ähnlich hitzig und ernsthaft verteidigen, warum man lieber Mandarinen als Orangen mag? Nein, weil es eine komplett irrelevante, individuelle Vorliebe ist.

Genauso würde ich mir das für viele Fragen der Kindererziehung und - Betreuung wünschen. Es gibt Kinder, die mit einem Jahr einfach noch nicht so weit sind, dass eine Vollzeitkita klappt. Es gibt Kinder wie meinen Sohn, bei dem die Eingewöhnung super geklappt hat, der jeden Tag 8,5 Stunden in der Kita verbringt und sich dort pudelwohl fühlt. Es gibt Mütter wie die Autorin des Zeit-Artikels, die sehr gerne den halben Tag mit ihrem Kleinkind verbringen. Es gibt Mütter wie mich, die sich besser auf ihr Kind einlassen können, wenn sie es werktags nur von 16.30 Uhr bis 19.30 Uhr sehen. Jegliche Verallgemeinerung kann finde ich echt nur in die Hose gehen.

Ich wünsche mir, dass die Reaktion auf den Satz "meine 2-jährige Tochter ist noch mit mir zu Hause" und den Satz "mein 1-jähriger Sohn geht Vollzeit in die Kita" gleich ausfällt, nämlich "ok, schön, dass es für Euch so funktioniert". Ich wünsche mir mehr gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche Lebensentwürfe, die mit unterschiedlichen Erfahrungen und Vorlieben und Gegebenheiten zu tun haben.

Wenn es diese verhärteten Fronten nicht mehr gäbe, könnten wir vielleicht auch besser gemeinsam für mehr echte Wahlfreiheit und ein Ende des Diskriminierung von Müttern auf dem Arbeitsmarkt kämpfen.

... link (0 Kommentare)   ... comment