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Mittwoch, 4. September 2019
Vom Rechtfertigungszwang
u_blues, 12:41h
Neulich wurde ein Artikel aus der Zeit Online in meiner Filterbubble diskutiert. Es ging um eine Mutter, die einen Eingewöhnungsversuch bei ihrem 1-jährigen Kind in der Kita abgebrochen hat, ihr Kind dann mit 3 vormittags in den Kindergarten gab und dafür Kritik zu hören bekam. In ihrem Artikel stellt sie die Sinnhaftigkeit von frühkindlicher Betreuung an sich in Frage. Das wurde dann wiederum in meiner Filterbubble - teils auch zu Recht - ziemlich hart auseinander genommen.
Erst wollte ich den Artikel gar nicht lesen, da ich diese Diskussionen müde bin und mich damit nicht auseinander setzen wollte. Warum habe ich meine Meinung dazu geändert? Nun, es gab auch Reaktionen auf den Artikel nach dem Motto "es ist nicht ok, wenn Steuerzahler dafür aufkommen müssen, dass Mütter weniger/gar nicht arbeiten gehen, weil sie ihr Kind nicht betreuen lassen wollen und z.B. deswegen aufstocken müssten oder später zu wenig Rente bekämen". Da kam ich dann ein wenig ins Grübeln. Denn es wird Eltern, vor allem Müttern, die ihre Kinder wiederum früh in die Betreuung geben ja auch oft vorgeworfen, sie würden nur egoistisch handeln, dem Kind Schaden zufügen und damit später der Gesellschaft Kosten verursachen etc. Mehr oder weniger direkt durfte ich mir solche Sprüche ja auch schon anhören.
Eins vorweg: Wenn die Eingewöhnung bei unserem Sohn auch so wie in dem Artikel beschrieben ausgesehen hätte, dass ein Trennungsversuch bereits am zweiten Tag (!) erfolgen sollte, hätten mein Mann und ich uns auch dagegen entschieden. Dann hätten er oder ich die Elternzeit weiter verlängert. Hätten wir wie die Autorin weiterhin viele Geschichten von Kitas mit Personalmangel gehört, wo schreiende Babies alleine gelassen werden, würden wir das Konzept Kita sehr wahrscheinlich ebenso kritisch betrachten wie die Autorin.
Dann dachte ich mir: Würde die Autorin des Artikel so eine starke grundsätzliche Haltung gegen Kita in frühem Alter einnehmen, wenn sie in ihrer Entscheidung so viel Gegenwind erhalten hätte? Wahrscheinlich nicht.
Meiner Meinung nach liegt da der Kern des Problems. Mütter gehören zu einer marginalisierten Gruppe in unserer Gesellschaft. Es ist komplett egal, wie sie sich entscheiden - es wird kritisiert. Bleibt man lange mit dem Kind zu Hause, ist man eine tumbe Hausfrau, die ihre Altersvorsorge gefährdet. Geht man mit einem unter 3-jährigen wieder Vollzeit arbeiten, ist man eine karrieregeile Rabenmutter, die ihrem Kind Schaden zufügt.
Es ist eine klassische gesellschaftliche Dynamik, dass Untergruppen von marginalisierten Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Funktioniert offenbar total gut: Anstatt dass sich Mütter zusammen tun und gemeinsam für mehr Gleichberechtigung kämpfen, werden die Hausfrauen und die arbeitenden Mütter gegeneinander ausgespielt.
Die tatsächlichen individuellen Umstände finden dabei keinerlei Berücksichtigung. Jede/r sieht sich genötigt, den eigenen Entwurf gegen die immerwährende Kritik zu verteidigen. Dabei wird eine klare Wertung vorgenommen, denn sonst könnte man die Überlegenheit der eigenen Entscheidung ja nicht untermauern.
Würde man ähnlich hitzig und ernsthaft verteidigen, warum man lieber Mandarinen als Orangen mag? Nein, weil es eine komplett irrelevante, individuelle Vorliebe ist.
Genauso würde ich mir das für viele Fragen der Kindererziehung und - Betreuung wünschen. Es gibt Kinder, die mit einem Jahr einfach noch nicht so weit sind, dass eine Vollzeitkita klappt. Es gibt Kinder wie meinen Sohn, bei dem die Eingewöhnung super geklappt hat, der jeden Tag 8,5 Stunden in der Kita verbringt und sich dort pudelwohl fühlt. Es gibt Mütter wie die Autorin des Zeit-Artikels, die sehr gerne den halben Tag mit ihrem Kleinkind verbringen. Es gibt Mütter wie mich, die sich besser auf ihr Kind einlassen können, wenn sie es werktags nur von 16.30 Uhr bis 19.30 Uhr sehen. Jegliche Verallgemeinerung kann finde ich echt nur in die Hose gehen.
Ich wünsche mir, dass die Reaktion auf den Satz "meine 2-jährige Tochter ist noch mit mir zu Hause" und den Satz "mein 1-jähriger Sohn geht Vollzeit in die Kita" gleich ausfällt, nämlich "ok, schön, dass es für Euch so funktioniert". Ich wünsche mir mehr gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche Lebensentwürfe, die mit unterschiedlichen Erfahrungen und Vorlieben und Gegebenheiten zu tun haben.
Wenn es diese verhärteten Fronten nicht mehr gäbe, könnten wir vielleicht auch besser gemeinsam für mehr echte Wahlfreiheit und ein Ende des Diskriminierung von Müttern auf dem Arbeitsmarkt kämpfen.
Erst wollte ich den Artikel gar nicht lesen, da ich diese Diskussionen müde bin und mich damit nicht auseinander setzen wollte. Warum habe ich meine Meinung dazu geändert? Nun, es gab auch Reaktionen auf den Artikel nach dem Motto "es ist nicht ok, wenn Steuerzahler dafür aufkommen müssen, dass Mütter weniger/gar nicht arbeiten gehen, weil sie ihr Kind nicht betreuen lassen wollen und z.B. deswegen aufstocken müssten oder später zu wenig Rente bekämen". Da kam ich dann ein wenig ins Grübeln. Denn es wird Eltern, vor allem Müttern, die ihre Kinder wiederum früh in die Betreuung geben ja auch oft vorgeworfen, sie würden nur egoistisch handeln, dem Kind Schaden zufügen und damit später der Gesellschaft Kosten verursachen etc. Mehr oder weniger direkt durfte ich mir solche Sprüche ja auch schon anhören.
Eins vorweg: Wenn die Eingewöhnung bei unserem Sohn auch so wie in dem Artikel beschrieben ausgesehen hätte, dass ein Trennungsversuch bereits am zweiten Tag (!) erfolgen sollte, hätten mein Mann und ich uns auch dagegen entschieden. Dann hätten er oder ich die Elternzeit weiter verlängert. Hätten wir wie die Autorin weiterhin viele Geschichten von Kitas mit Personalmangel gehört, wo schreiende Babies alleine gelassen werden, würden wir das Konzept Kita sehr wahrscheinlich ebenso kritisch betrachten wie die Autorin.
Dann dachte ich mir: Würde die Autorin des Artikel so eine starke grundsätzliche Haltung gegen Kita in frühem Alter einnehmen, wenn sie in ihrer Entscheidung so viel Gegenwind erhalten hätte? Wahrscheinlich nicht.
Meiner Meinung nach liegt da der Kern des Problems. Mütter gehören zu einer marginalisierten Gruppe in unserer Gesellschaft. Es ist komplett egal, wie sie sich entscheiden - es wird kritisiert. Bleibt man lange mit dem Kind zu Hause, ist man eine tumbe Hausfrau, die ihre Altersvorsorge gefährdet. Geht man mit einem unter 3-jährigen wieder Vollzeit arbeiten, ist man eine karrieregeile Rabenmutter, die ihrem Kind Schaden zufügt.
Es ist eine klassische gesellschaftliche Dynamik, dass Untergruppen von marginalisierten Gruppen gegeneinander ausgespielt werden. Funktioniert offenbar total gut: Anstatt dass sich Mütter zusammen tun und gemeinsam für mehr Gleichberechtigung kämpfen, werden die Hausfrauen und die arbeitenden Mütter gegeneinander ausgespielt.
Die tatsächlichen individuellen Umstände finden dabei keinerlei Berücksichtigung. Jede/r sieht sich genötigt, den eigenen Entwurf gegen die immerwährende Kritik zu verteidigen. Dabei wird eine klare Wertung vorgenommen, denn sonst könnte man die Überlegenheit der eigenen Entscheidung ja nicht untermauern.
Würde man ähnlich hitzig und ernsthaft verteidigen, warum man lieber Mandarinen als Orangen mag? Nein, weil es eine komplett irrelevante, individuelle Vorliebe ist.
Genauso würde ich mir das für viele Fragen der Kindererziehung und - Betreuung wünschen. Es gibt Kinder, die mit einem Jahr einfach noch nicht so weit sind, dass eine Vollzeitkita klappt. Es gibt Kinder wie meinen Sohn, bei dem die Eingewöhnung super geklappt hat, der jeden Tag 8,5 Stunden in der Kita verbringt und sich dort pudelwohl fühlt. Es gibt Mütter wie die Autorin des Zeit-Artikels, die sehr gerne den halben Tag mit ihrem Kleinkind verbringen. Es gibt Mütter wie mich, die sich besser auf ihr Kind einlassen können, wenn sie es werktags nur von 16.30 Uhr bis 19.30 Uhr sehen. Jegliche Verallgemeinerung kann finde ich echt nur in die Hose gehen.
Ich wünsche mir, dass die Reaktion auf den Satz "meine 2-jährige Tochter ist noch mit mir zu Hause" und den Satz "mein 1-jähriger Sohn geht Vollzeit in die Kita" gleich ausfällt, nämlich "ok, schön, dass es für Euch so funktioniert". Ich wünsche mir mehr gegenseitiges Verständnis für unterschiedliche Lebensentwürfe, die mit unterschiedlichen Erfahrungen und Vorlieben und Gegebenheiten zu tun haben.
Wenn es diese verhärteten Fronten nicht mehr gäbe, könnten wir vielleicht auch besser gemeinsam für mehr echte Wahlfreiheit und ein Ende des Diskriminierung von Müttern auf dem Arbeitsmarkt kämpfen.
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Sonntag, 1. September 2019
Vereinbarkeitsspagat: Wie läuft das bei uns? Teil 7: Persönlicher Freiraum
u_blues, 15:07h
Ein Baby stellt erstmal das Leben total auf den Kopf und fordert viel ein. Das ist auch ganz normal so. Dennoch war und ist es für mich - insbesondere als Mutter - von Anfang an wichtig gewesen, Freiräume für mich alleine zu haben.
Das stößt bei anderen Leuten schnell auf Unverständnis. Bei Vätern wird eher akzeptiert, wenn z.B. Hobbies weiter geführt werden. Viel zu oft habe ich auch schon Witze unter Vätern darüber gehört, dass man eigentlich ganz gerne Überstunden mache, damit man sich zu Hause nicht noch mit dem Baby beschäftigen muss.
Zum Glück läuft das bei meinem Mann und mir anders. Dadurch, dass wir im Krankenhaus ein Familienzimmer hatten, war er von Anfang an eingebunden. Ich weiß noch gut, wie kurz nach der Geburt das Kind von der Untersuchung zurück kam und die Kinderkrankenschwester meinte, dass er ein bisschen Untertemperatur habe und deswegen am Körper aufgewärmt werden solle. Sie wollte mir den Kleinen ganz automatisch auf den Bauch legen, als ich sagte "Mir wäre es lieber, er geht zum Papa, gestillt habe ich ja eben erst, ich würde jetzt wirklich gerne ein bisschen schlafen, weil ich total fertig bin". Mit hochgezogenen Augenbrauen gab sie dann kopfschüttelnd das Baby meinem Mann. Ist ja auch eine Frechheit, wenn sich eine Frau direkt nach einer schweren Geburt (ich war 24 Stunden lang im Kreißsaal) ein wenig erholen möchte...
Zwei Tage nach der Geburt - wir waren noch im Krankenhaus - haben wir das grade gestillte, frisch gewickelte und tief schlafende Baby für eine halbe Stunde im Kinderzimmer der Station abgegeben um draußen einen Spaziergang zu machen und den Kopf kurz frei zu kriegen. Das Baby hat von der ganzen Aktion gar nichts mitbekommen, weil es friedlich schlief - die Blicke der Kinderkrankenschwester hingegen hätten töten können. Diese wies mich dann auch später vorwurfsvoll darauf hin, dass ich die einzige Mutter auf der Station sei, bei der das Baby im Beistellbett und nicht im gleichen Bett schlafe. Übrigens war mein Mann auch anwesend, da wir ein Familienzimmer hatten, er durfte sich diesen Vorwurf allerdings nicht anhören. Ich finde es echt krass, wie schnell Müttern vorgeworfen wird, wenn sie nicht 24 Stunden am Tag an ihrem Baby kleben wollen.
Damit es mir seelisch gut geht, brauche ich Raum für mich, das war mir von Anfang an wichtig. Natürlich hätte ich mein Baby auch bei mir schlafen lassen, wenn es sonst nicht geschlafen hätte. Da es aber super im Beistellbett und zu Hause von Anfang an im eigenen Bett schlief, sah ich keine Notwendigkeit dazu. Wenn ich den ganzen Tag alleine mit dem Baby zu Hause war, hat es mir sehr viel bedeutet abends eine halbe Stunde alleine im Wald spazieren zu gehen, wenn mein Mann zu Hause war. Vier Wochen nach der Geburt bin ich dann das erste Mal länger alleine abends aus dem Haus gegangen, um zur Bandprobe zu fahren.
Das ist sowohl bei anderen Müttern als auch bei meiner Familie teils auf viel Kritik gestoßen. Mich ärgert es, dass automatisch vorausgesetzt wird, dass ein Baby 24 Stunden am Tag bei seiner Mutter zu sein hat. Gerne wird das Stillen als Argument dafür vorgebracht.
Ich habe 11 Monate lang gestillt, 6 Monate voll. Trotzdem konnte ich jede Woche abends zur Bandprobe - ich habe zu diesem Zweck Milch abgepumpt, die dann mein Mann per Flasche gefüttert hat. Das hat ganz wunderbar geklappt. Ich bin ziemlich sicher, dass ich nicht so lange gestillt hätte, wenn das bedeutet hätte, dass ich nie alleine länger das Haus verlassen kann. Es ist genau ein einziges Mal vorgekommen, dass ich früher von der Probe nach Hause gefahren bin, weil das Baby geweint hat und mein Mann alleine es nicht beruhigen konnte.
Jetzt wo mein Mann und ich beide arbeiten und der Kleine in die Kita geht ist es genauso wichtig, dass jede/r von uns noch etwas für sich machen kann. Es ist ganz normal, dass wir z.B. abends zum Sport gehen oder z.B. mit KollegInnen was trinken gehen. Die Kinderbetreuung übernimmt dann der/die andere. Übrigens passiert es uns beiden, dass wir manchmal denken "och, eigentlich habe ich gar nicht soo große Lust, ich bin müde und würde lieber zu Hause blieben" - da es aber meistens feste Termine sind, gehen wir doch und sagen hinterher jedes Mal, dass es uns aber merklich gut getan hat (vor allem wenn es ein Sporttermin war).
Was hat das nun mit Vereinbarkeit und Vollzeitarbeit zu tun? Ich denke, in unserem Fall würde es ohne diesen Ausgleich gar nicht gehen. Die Zeit, die wir nur für uns haben und in der wir etwas machen, das uns gut tut, lädt die Batterien so auf, dass wir genug Kraft für die Arbeit und die care Arbeit haben. Ich stehe auch ganz offensiv dazu, dass ich zwar gerne mit meinem Kind zusammen bin, aber durchdrehen würde, wenn ich nicht auch mal etwas alleine machen kann. Das wird unter Müttern leider oft nur unter vorgehaltener Hand zugegeben. Das finde ich echt schade und ich würde mir sehr wünschen, dass Mütter das offener kommunizieren würden und auch könnten, ohne dafür sofort kritisiert zu werden.
Wie ist das bei Euch? Wie sind Eure Erfahrungen? Habt Ihr auch Kritik erfahren?
Das stößt bei anderen Leuten schnell auf Unverständnis. Bei Vätern wird eher akzeptiert, wenn z.B. Hobbies weiter geführt werden. Viel zu oft habe ich auch schon Witze unter Vätern darüber gehört, dass man eigentlich ganz gerne Überstunden mache, damit man sich zu Hause nicht noch mit dem Baby beschäftigen muss.
Zum Glück läuft das bei meinem Mann und mir anders. Dadurch, dass wir im Krankenhaus ein Familienzimmer hatten, war er von Anfang an eingebunden. Ich weiß noch gut, wie kurz nach der Geburt das Kind von der Untersuchung zurück kam und die Kinderkrankenschwester meinte, dass er ein bisschen Untertemperatur habe und deswegen am Körper aufgewärmt werden solle. Sie wollte mir den Kleinen ganz automatisch auf den Bauch legen, als ich sagte "Mir wäre es lieber, er geht zum Papa, gestillt habe ich ja eben erst, ich würde jetzt wirklich gerne ein bisschen schlafen, weil ich total fertig bin". Mit hochgezogenen Augenbrauen gab sie dann kopfschüttelnd das Baby meinem Mann. Ist ja auch eine Frechheit, wenn sich eine Frau direkt nach einer schweren Geburt (ich war 24 Stunden lang im Kreißsaal) ein wenig erholen möchte...
Zwei Tage nach der Geburt - wir waren noch im Krankenhaus - haben wir das grade gestillte, frisch gewickelte und tief schlafende Baby für eine halbe Stunde im Kinderzimmer der Station abgegeben um draußen einen Spaziergang zu machen und den Kopf kurz frei zu kriegen. Das Baby hat von der ganzen Aktion gar nichts mitbekommen, weil es friedlich schlief - die Blicke der Kinderkrankenschwester hingegen hätten töten können. Diese wies mich dann auch später vorwurfsvoll darauf hin, dass ich die einzige Mutter auf der Station sei, bei der das Baby im Beistellbett und nicht im gleichen Bett schlafe. Übrigens war mein Mann auch anwesend, da wir ein Familienzimmer hatten, er durfte sich diesen Vorwurf allerdings nicht anhören. Ich finde es echt krass, wie schnell Müttern vorgeworfen wird, wenn sie nicht 24 Stunden am Tag an ihrem Baby kleben wollen.
Damit es mir seelisch gut geht, brauche ich Raum für mich, das war mir von Anfang an wichtig. Natürlich hätte ich mein Baby auch bei mir schlafen lassen, wenn es sonst nicht geschlafen hätte. Da es aber super im Beistellbett und zu Hause von Anfang an im eigenen Bett schlief, sah ich keine Notwendigkeit dazu. Wenn ich den ganzen Tag alleine mit dem Baby zu Hause war, hat es mir sehr viel bedeutet abends eine halbe Stunde alleine im Wald spazieren zu gehen, wenn mein Mann zu Hause war. Vier Wochen nach der Geburt bin ich dann das erste Mal länger alleine abends aus dem Haus gegangen, um zur Bandprobe zu fahren.
Das ist sowohl bei anderen Müttern als auch bei meiner Familie teils auf viel Kritik gestoßen. Mich ärgert es, dass automatisch vorausgesetzt wird, dass ein Baby 24 Stunden am Tag bei seiner Mutter zu sein hat. Gerne wird das Stillen als Argument dafür vorgebracht.
Ich habe 11 Monate lang gestillt, 6 Monate voll. Trotzdem konnte ich jede Woche abends zur Bandprobe - ich habe zu diesem Zweck Milch abgepumpt, die dann mein Mann per Flasche gefüttert hat. Das hat ganz wunderbar geklappt. Ich bin ziemlich sicher, dass ich nicht so lange gestillt hätte, wenn das bedeutet hätte, dass ich nie alleine länger das Haus verlassen kann. Es ist genau ein einziges Mal vorgekommen, dass ich früher von der Probe nach Hause gefahren bin, weil das Baby geweint hat und mein Mann alleine es nicht beruhigen konnte.
Jetzt wo mein Mann und ich beide arbeiten und der Kleine in die Kita geht ist es genauso wichtig, dass jede/r von uns noch etwas für sich machen kann. Es ist ganz normal, dass wir z.B. abends zum Sport gehen oder z.B. mit KollegInnen was trinken gehen. Die Kinderbetreuung übernimmt dann der/die andere. Übrigens passiert es uns beiden, dass wir manchmal denken "och, eigentlich habe ich gar nicht soo große Lust, ich bin müde und würde lieber zu Hause blieben" - da es aber meistens feste Termine sind, gehen wir doch und sagen hinterher jedes Mal, dass es uns aber merklich gut getan hat (vor allem wenn es ein Sporttermin war).
Was hat das nun mit Vereinbarkeit und Vollzeitarbeit zu tun? Ich denke, in unserem Fall würde es ohne diesen Ausgleich gar nicht gehen. Die Zeit, die wir nur für uns haben und in der wir etwas machen, das uns gut tut, lädt die Batterien so auf, dass wir genug Kraft für die Arbeit und die care Arbeit haben. Ich stehe auch ganz offensiv dazu, dass ich zwar gerne mit meinem Kind zusammen bin, aber durchdrehen würde, wenn ich nicht auch mal etwas alleine machen kann. Das wird unter Müttern leider oft nur unter vorgehaltener Hand zugegeben. Das finde ich echt schade und ich würde mir sehr wünschen, dass Mütter das offener kommunizieren würden und auch könnten, ohne dafür sofort kritisiert zu werden.
Wie ist das bei Euch? Wie sind Eure Erfahrungen? Habt Ihr auch Kritik erfahren?
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Freitag, 9. August 2019
Vereinbarkeitsspagat: Wie läuft das bei uns? Teil 6: Hilfe im Notfall
u_blues, 23:27h
Es heißt ja immer, es braucht ein Dorf, um ein Kind groß zu ziehen. Nun, bei uns ist das tatsächlich im "Normalbetrieb" die Kita - wir haben keine Großeltern in der Nähe. Meine Eltern wohnen 2,5 Autostunden entfernt, meine Schwiegereltern wohnen 8 Autostunden entfernt.
Leider haben wir bis jetzt auch kein dichtes Netzwerk aus anderen Eltern in unserer Nähe aufbauen können. Wir hoffen, dass sich das ergibt sobald unser Kind etwas größer ist und in der Kita Freundschaften schließt.
Dennoch sind wir im Notfall nicht komplett auf uns allein gestellt. Wir haben sehr liebe Nachbarn mit "Großelternerfahrung", die unser Kind auch kennen. Im Babyalter hat meine Nachbarin den Kleinen gehütet, als ich einige regelmäßige Arzttermine wahrnehmen musste. Als ich im Pekipkurs einmal Kreislaufprobleme bekam und mein Mann wegen einer Dienstreise nicht greifbar war, war meine Nachbarin ebenfalls da. Sie hat mir eine Brühe gemacht und gewartet bis ich etwas gegessen, das Baby gestillt und uns beide ins Bett verfrachtet hatte. Ich hätte es rückblickend wahrscheinlich auch alleine geschafft, aber es war sehr beruhigend, dass jemand da war und sich gekümmert hat.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass unsere Nachbarn ein "Großelternersatz" sind, dafür sehen wir sie nicht oft genug. Aber sie sind für den absoluten Notfall bei der Kita als Personen eingetragen, die unseren Sohn abholen dürfen.
Bisher ist der Fall zum Glück nicht eingetreten, aber es ist sehr sehr beruhigend, dass jemand da ist wenn wir einmal wirklich kurzfristig Hilfe brauchen.
Wenn wir mit mehr zeitlichem Vorlauf Hilfe brauchen, sind im Notfall auch meine Schwiegereltern gerne bereit zu helfen. Meine Eltern können dies leider nicht, da meine Mutter momentan erkrankt ist. Meine Schwiegereltern sind beide Rentner, sehr aktiv und auch gesundheitlich sehr fit. Als wir im März die Situation hatten, dass das Kind krank war, ich grade erst nach zwei Wochen Krankenstand (in der Probezeit) wieder im Büro war und mein Mann eine Skifreizeit mit Kollegen geplant hatte, die auch schon bezahlt war, haben meine Schwiegereltern unaufgefordert als wir unser Leid geklagt haben erklärt, dass sie sich am nächsten Tag ins Auto setzen und herfahren können.
Wir waren unendlich dankbar, dass sie das kranke Kind hüten konnten, so dass ich arbeiten und mein Mann auf die Skifreizeit fahren konnte.
Wir werden noch sehen, wie das weiterhin läuft. Aber ich würde sagen, dass wir sozusagen das absolute Mindestmaß an externer Hilfe im Notfall/Krankheitsfall haben, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Weniger geht denke ich nicht.
Wie läuft das bei Euch? Ich würde mich auf einen Austausch auf Twitter oder in den Kommentaren freuen.
Leider haben wir bis jetzt auch kein dichtes Netzwerk aus anderen Eltern in unserer Nähe aufbauen können. Wir hoffen, dass sich das ergibt sobald unser Kind etwas größer ist und in der Kita Freundschaften schließt.
Dennoch sind wir im Notfall nicht komplett auf uns allein gestellt. Wir haben sehr liebe Nachbarn mit "Großelternerfahrung", die unser Kind auch kennen. Im Babyalter hat meine Nachbarin den Kleinen gehütet, als ich einige regelmäßige Arzttermine wahrnehmen musste. Als ich im Pekipkurs einmal Kreislaufprobleme bekam und mein Mann wegen einer Dienstreise nicht greifbar war, war meine Nachbarin ebenfalls da. Sie hat mir eine Brühe gemacht und gewartet bis ich etwas gegessen, das Baby gestillt und uns beide ins Bett verfrachtet hatte. Ich hätte es rückblickend wahrscheinlich auch alleine geschafft, aber es war sehr beruhigend, dass jemand da war und sich gekümmert hat.
Ich würde jetzt nicht sagen, dass unsere Nachbarn ein "Großelternersatz" sind, dafür sehen wir sie nicht oft genug. Aber sie sind für den absoluten Notfall bei der Kita als Personen eingetragen, die unseren Sohn abholen dürfen.
Bisher ist der Fall zum Glück nicht eingetreten, aber es ist sehr sehr beruhigend, dass jemand da ist wenn wir einmal wirklich kurzfristig Hilfe brauchen.
Wenn wir mit mehr zeitlichem Vorlauf Hilfe brauchen, sind im Notfall auch meine Schwiegereltern gerne bereit zu helfen. Meine Eltern können dies leider nicht, da meine Mutter momentan erkrankt ist. Meine Schwiegereltern sind beide Rentner, sehr aktiv und auch gesundheitlich sehr fit. Als wir im März die Situation hatten, dass das Kind krank war, ich grade erst nach zwei Wochen Krankenstand (in der Probezeit) wieder im Büro war und mein Mann eine Skifreizeit mit Kollegen geplant hatte, die auch schon bezahlt war, haben meine Schwiegereltern unaufgefordert als wir unser Leid geklagt haben erklärt, dass sie sich am nächsten Tag ins Auto setzen und herfahren können.
Wir waren unendlich dankbar, dass sie das kranke Kind hüten konnten, so dass ich arbeiten und mein Mann auf die Skifreizeit fahren konnte.
Wir werden noch sehen, wie das weiterhin läuft. Aber ich würde sagen, dass wir sozusagen das absolute Mindestmaß an externer Hilfe im Notfall/Krankheitsfall haben, um Beruf und Familie vereinbaren zu können. Weniger geht denke ich nicht.
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